Estland

Dreitägiger Besuch des Moskauer Patriarchen Kyrill I. in Tallinn

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Metropolit Kirill, Patriarch von Moskau

Metropolit Kirill, Patriarch von Moskau

Tallinn, 17.06.13 (poi) Die Weihe der neuen orthodoxen Marienkathedrale im Stadtteil Lasnamäe der estnischen Hauptstadt Tallinn bildete den Höhepunkt eines dreitägigen Estland-Besuchs des Moskauer Patriarchen Kyrill I., schreibt Pro Oriente. Anlass für den Besuch des Patriarchen war der 20. Jahrestag der Gewährung der kirchenrechtlichen Autonomie an die estnische orthodoxe Kirche durch Patriarch Aleksij II. Am 10. Jahrestag war der Grundstein der Kathedrale in Lasnamäe gelegt worden.

Patriarch Kyrill I. traf im Verlauf seines Estland-Besuchs u.a. auch mit Ministerpräsident Andrus Ansip, Außenminister Urmas Paet und dem Bürgermeister von Tallinn, Edgar Savisaar, zusammen. Besonders herzlich verlief die Begegnung des Patriarchen mit dem evangelisch-lutherischen Erzbischof Andres Põder. Kyrill I. dankte dem Erzbischof für dessen „klare Stellungnahme“ im Zusammenhang mit der „Pussy Riot“-Aktion in der Moskauer Erlöserkathedrale: „Es war sehr wichtig, Ihre Stimme zu hören, die sich nicht von Realpolitik leiten ließ, sondern von Ihren christlichen Überzeugungen“. Erzbischof Põder hatte auch in den letzten Monaten u.a. „Erstaunen“ über das „Verständnis“ estnischer Parlamentarier für die „Pussy Riot“-Aktion ausgedrückt und Staatspräsident Toomas Hendrik Ilves kritisiert, weil er ein Sympathie-Konzert für „Pussy Riot“ besucht hatte.

Bereits bei seiner Ankunft in Tallinn hatte Kyrill I. betont, dass er Estland, dessen Volk und Kultur gut kenne. Seine Eltern hätten eine Datscha in Estland gehabt, schon als Kind und Jugendlicher sei er oft als Pilger in das berühmte estnische Kloster Pjuchtitsa gekommen. Am Samstag feierte der Patriarch dann in dem Nonnenkloster – das für die Wiederbelebung der Frauenklöster in Russland nach der „Wende“ von großer Bedeutung war – die Heilige Liturgie. Am selben Tag besuchte er die erst 2011 errichtete Eparchie Narwa im stark orthodox geprägten Osten des Landes.

Bei seinem Estland-Besuch betonte der Patriarch, dass Religion immer ein „wichtiger Faktor“ sei, auch in der Entwicklung der Beziehungen zwischen Ländern und Völkern. Kyrill I. unterstrich, dass die mit dem Moskauer Patriarchat verbundene autonome orthodoxe Kirche von Estland eine „Kirche orthodoxer Christen ist, die in Estland leben“. Sie sei nicht die Repräsentantin eines anderen Staates, die dessen Interessen vertrete, sondern eine „orthodoxe Ortskirche“.

Der Streit um die Zugehörigkeit der estnischen Orthodoxie hat in den Jahren nach der „Wende“ zu einem schweren Zerwürfnis zwischen den Patriarchaten von Moskau und Konstantinopel geführt. Nach der Unabhängigkeit Estlands im Gefolge der russischen Revolutionen waren die orthodoxen Gemeinden des Landes 1923 vom Moskauer Patriarchat gelöst und als Estnische Orthodoxe Kirche dem Ökumenischen Patriarchen unterstellt worden. Als Estland Teil der Sowjetunion wurde, erfolgte 1944 die Reintegration der orthodoxen Landeskirche in das Moskauer Patriarchat, was 1978 von Konstantinopel legitimiert wurde. Die estnische orthodoxe Kirche bestand nur in der Emigration fort.

Nach dem Zerfall der Sowjetunion und der neuerlichen Ausrufung der Unabhängigkeit kam es in der orthodoxen Landeskirche zu heftigen Auseinandersetzungen, die nahezu zum Schisma führten. Schließlich wurde als Kompromiss die heutige Regelung gefunden, nach der die orthodoxen Gemeinden in Estland selbst entscheiden, ob sie der Jurisdiktion Moskaus oder Konstantinopels unterstehen wollen.

Zur mit dem Moskauer Patriarchat verbundenen autonomen orthodoxen Kirche von Estland gehören derzeit 31 Pfarrgemeinden. Zwei Bischöfe leiten 45 Priester und 13 Diakone.

Mit freundlicher Genehmigung von Pro Oriente in Österreich www.pro-oriente.at

Foto: Wikipedia

 

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