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Euro-Krise: Irland und Spanien brauchen keine Hilfe mehr

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Als erstes Krisenland will Irland im Dezember den Euro-Rettungsschirm verlassen. Auch Spanien will künftig ohne Hilfen für seine Banken auskommen. Die Euro-Finanzminister gaben beiden Ländern am Donnerstag in Brüssel grünes Licht. Einige Kommentatoren glauben, dass diese Erfolge die Sparbefürworter in ihrem Kurs bestärken werden. Andere fordern, die Opfer der Austeritätspolitik nicht zu vergessen.

Eine Erfolgsgeschichte für die Sparpolitiker

Irlands vollständige Rückkehr an die Finanzmärkte ist die Erfolgsgeschichte, die die Verantwortlichen der EU dringend als Rechtfertigung für ihre Sparpolitik brauchten, analysiert die linksliberale Tageszeitung The Irish Times (Irland):

Irlands Ausstieg aus dem Hilfsprogramm ist nicht nur ein großer Moment für Irland, er ist auch von immenser Bedeutung für Europa. Irland hat die Bedingungen des Hilfsprogramms erfüllt und erreicht, dass die Renditen für seine Anleihen auf 3,5 Prozent sinken. Die Führer der Euro-Zone werden sich diese Leistung Irlands zu Nutze machen und sie als Beweis dafür anführen, dass die so oft geschmähte Politik des Sparens funktioniert. Diese gute Nachricht wird dringend benötigt in einer Zeit, in der der Zustand der Wirtschaft in einigen der größten Staaten der Euro-Zone und die Gefahr sinkender Inflation zunehmend Anlass zur Sorgen bieten.

Spaniens Banken vorbildlich gerettet

Nicht einmal die größten Optimisten hätten vor eineinhalb Jahren gedacht, dass die Rettung der spanischen Finanzinstitute so glimpflich über die Bühne gehen würde, jubelt die linksliberale Wirtschaftszeitung Cinco Días (Spanien):

Erinnern wir uns ans Frühjahr 2012, als die Finanzminister der Euro-Zone die Rettung der spanischen Banken beschlossen. Niemand glaubte damals, dass der Verlust der Souveränität nur 18 Monate dauern sollte. Mit den dramatischen Beispielen aus Portugal, Griechenland und Irland – wo der ganze Staat unter den Rettungsschirm schlüpfte -, erschraken die meisten Spanier.

… Doch das schnelle Ende der Intervention, das Ergebnis einer mit frischem Kapital ausgestatteten Bank und die von den europäischen Partnern als vorbildlich angesehen Erholung übertrafen die Erwartungen selbst der größten Optimisten. Bleibt noch eines, um die Bankenrettung wirklich vorbildlich zu vollenden: Der Kredithahn im Land muss sich nach drei Jahren endlich wieder öffnen.

Nicht die Opfer im Musterland Irland vergessen

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat am Donnerstag den Spar- und Reformkurs der Euro-Zone am Beispiel Irlands gelobt, doch dafür gibt es keinen Grund, bemerkt die linksliberale Tageszeitung Der Standard (Österreich):

Zum Besseren gewendet hat sich das Blatt für Irland nämlich nur an den Finanzmärkten. Die Regierung gilt als verlässlich, die Europäische Zentralbank gibt dem Land mit ihrer lockeren Geldpolitik zusätzliche Rückendeckung, weshalb der Staat zu vernünftigen Konditionen an Geld kommt. In der Realwirtschaft hingegen haben der Sparkurs und die Rezession der vergangenen drei Jahre tiefe Spuren hinterlassen. Die Arbeitslosigkeit stieg von vier auf 13,7 Prozent. Die Staatsverschuldung hat sich mehr als verfünffacht und liegt nun bei 123 Prozent der Wirtschaftsleistung. Wegen der Gehaltskürzungen stagniert der Inlandskonsum. Weil zuletzt sogar die Exporte schwächelten, wird die irische Wirtschaft 2013 sogar neuerlich schrumpfen. Wer vom Erfolgsmodell Irland schwärmt, sollte die vielen Opfer von Europas Antikrisenpolitik nicht ausblenden.

 

Portugal wird wohl nicht folgen können

Irland hat mit seiner Entscheidung zum “clean exit” alle überrascht, schreibt die liberale Tageszeitung Público (Portugal), und Portugal wird sich mächtig anstrengen müssen, um in seine Fußstapfen treten zu können:

Irland wurde bis gestern als eine Art Versuchskaninchen für ein vorsorgliches Stützprogramm gehandelt, welches nie umgesetzt wurde. Daher weiß eigentlich keiner so recht, was das sein wird. Da im Falle Athens ein drittes Rettungspaket wahrscheinlicher ist, wird Portugal wohl das erste Land sein, das eine solche vorbeugende Kreditlinie verhandeln muss. Es fehlen noch sieben Monate, um das Troika-Programm abzuschließen. … Aber Unterschiede gibt es ist nicht nur beim Timing: Die irischen Risikoaufschläge sind auf 3,5 Prozent gefallen, während die portugiesischen bei 6 Prozent verharren. Irland verfügt ferner über ein finanzielles Polster und eine Wirtschaft, die trotz Troika zum Laufen gebracht wurde und wettbewerbsfähig geblieben ist.

 

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