Die Behörden und Ingenieure haben eine vorläufige Version zum Unglück, das sich am Donnerstagabend (21.11.2013) im Einkaufszentrum Maxima in Riga ereignete, herausgegeben. Die Zahl der Toten steigt währenddessen: laut letzter Auskünfte wird von 54 Toten gesprochen, darunter auch drei Rettungskräfte. Außerdem wurden an die 40 Menschen in das städtische Krankenhaus eingeliefert. Die Rettungsaktion am eingestürzten Gebäude wird noch immer fortgesetzt.
Zahl der Opfer steigt
Die Zahl der Toten, die bei dem Einsturz des Daches vom Einkaufszentrum Maxima in Rigas Stadtviertel Zolitude ums Leben kamen, erhöht sich währenddessen auf 54 Menschen. Miteingeschlossen sind auch drei Rettungshelfer.
Unter den Toten seien drei Angehörige der Rettungskräfte. Rund 40 Menschen seien verletzt worden. Mehrere von ihnen seien in schwerem Zustand in ein Krankenhaus gebracht worden. Die genaue Zahl der Verschütteten ist ungewiss. Rigas Oberbürgermeister Nils Usakovs sprach von mindestens 25 Menschen, die sich unter den Trümmern des Handelszentrums Maxima befinden könnten.
Viele der Opfer wurden in einem kritischen Zustand ins Krankenhaus eingeliefert. Das staatliche Blutspendezentrum Lettlands hat sich bereits mit der Bitte, für die Verletzten Blut zu spenden, an die Bewohner des Landes gewandt.
In der Tat bekamen einige noch vor Ort und Stelle Hilfe angeboten, lehnten eine Einweisung ins Krankenhaus jedoch ab. Den Angaben der ITAR-TASS zufolge wurden lediglich 28 Menschen in das städtische Krankenhaus eingeliefert.
Die Rettungskräfte schalten regelmäßig die ganze Technik aus und versuchen mögliche Verschüttete per Handy zu erreichen. Laut Worten der Sprecherin des Innenministeriums, Daiga Holm, waren die eingegangenen Anrufe sogar an einigen Stellen zu hören.
Mit den eigenen Augen
Entsprechend der letzten Informationen traf die Hauptlast des Einsturzes die Kassen und die Gemüseabteilung im Supermarkt, genauso stark wurde außerdem auch das Geschäft Drogas, das sich im selben Einkaufszentrum befindet, in Mitleidenschaft gezogen.
Mitarbeiter des Geschäfts können noch immer mindestens drei ihrer Kollegen nicht finden und auch drei Angestellte des Maxima befinden sich im Krankenhaus, teilte Delfi mit.
„Wir sind entsetzt und schockiert wegen des Geschehenen“, sagte man in der Firma Maxima in Lettland, „das ist ein riesiges Unglück für uns alle. In Gedanken sind wir bei den den Opfern und ihren Angehörigen und drücken den Familien der Toten unser tiefstes Mitgefühl aus.“
Angela, ein Mädchen aus der Nachbarschaft, teilte dem Portal ihrerseits mit, sich um 15.30 Uhr noch in dem Geschäft befunden zu haben. Zu diesem Zeitpunkt wandte man sich mit der Aufforderung, sich nach draußen zu begeben, per Sprechanlage an die Einkäufer und das Personal.
„Wir hörten so ein Geräusch, als sei der Feueralarm losgegangen. Wir verließen das Gebäude ohne Panik. Dem Äußeren nach sah alles ruhig aus. Die Verkäufer von kleineren Geschäften des Einkaufszentrums, sowie der Friseurladen, schlossen sofort ab und gingen“, erzählte der Zeuge Robert.
„Die Decke stürzte direkt vor den Augen meines Mannes auf die Kassen ein. Dabei kamen mehrere ums Leben. Mein Mann hatte einfach Glück“, sagte die junge Frau Katja.
Versionen
Ivar Sergets, Inhaber der Baufirma die für die Errichtung des Geschäfts zuständig war, bekannte als eventuelle Einsturzursache die Baumaterialien, die für Bepflanzungsarbeiten auf dem Dach gelagert wurden. Das sei aber nur eine mögliche Erklärung, behielt er vor.
Er merkte an, dass sich das Geschäft seit zwei Jahren überstrapazierte und sich im Verlauf zweier Winter eine erhebliche Schneedecke gebildet hatte, die eine größere Last als die derzeitige darstellte. Getan wurde dagegen nichts.
Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Grund nicht in der Belastung des Daches, sondern vielmehr in ihrer ungleichmäßigen Verteilung liegt.
Der Innenminister Lettlands, Rihards Kozlovskis, nannte im Zusammenhang mit der vorläufigen Version ebenso die Platzierung des Baumaterials.
„Es wurde ein Verfahren wegen Verletzung der Bauvorschriften eingeleitet – das ist die aktuelle Version“, sagte Kozlovskis.
Irgendwelche anderen Versionen wurden bisher nicht berücksichtigt. Die Untersuchung wird die Schuldigen der Tragödie zeigen müssen: sind diejenigen schuldig, die in Übereinstimmung mit dem Bauprojekt die Arbeiten durchgeführt haben oder gab es gar grundlegende Probleme im Projekt selber.“
Kozlovskis verkündete, dass die gegenwärtige Tragödie Zeuge davon sei, dass es in Lettland offensichtliche Probleme im Bereich der Bauüberwachung gäbe.
Es sei hinzugefügt, dass die Staatspolizei Lettlands bereits wegen des außergewöhnlichen Vorfalls ein Strafverfahren im Sinne von Abschnitt 2 Artikel 239 Strafgesetzbuch des Landes in die Wege geleitet hat – aufgrund von Verletzung von Bauvorschriften, übermittelt die Agentur LETA.
Auf eine solche Straftat stehen in Lettland bis zu vier Jahre Haft, gemeinnützige Arbeit oder eine Geldstrafe.
Zusammen mit der Führungsspitze des Innenministeriums hat der Ministerpräsident Valdis Dombrovskis bereits die Unfallstelle besucht. Danach berief die Regierung eine Krisensitzung ein bei der geplant wird die Frage nach Unterstützung für die Opfer zu klären.
An der Unglücksstelle fand sich auch der stellvertretende Bürgermeister Rigas Andris Ameriks ein.
Sein Vorgesetzter – Bürgermeister Nil Uschakow – unterbrach augenblicklich seinen Urlaub um so schnell wie möglich nach Riga zurückzukehren. Uschakow schaffte ebenso der örtlichen Bauaufsicht aufzutragen alle Objekte der RE&RE Firma, welche das eingestürzte Gebäude konstruiert hat, zu überprüfen. Davon schrieb er in seinem Mikroblog auf Twitter.
Im Unternehmen selber ist man sich keiner Schuld bewusst. Marita Straume, Vorsitzende von RE&RE, sagte der Agentur BNS gegenüber, dass die Gründe für das Unglück nicht geklärt seien und es bisher keine eindeutigen Hinweise auf einen minderwertigen Zustand des Gebäudes zum Zeitpunkt des Einsturzes gäbe. Der Bau und das Projekt selber, welches zwei Jahre zuvor fertiggestellt worden war, unterstand strengen Aufsichten, unterstrich sie.
Abgesehen davon dementierte Straume die Behauptung einiger Medien, dass auf dem Dach des Gebäudes ein Wintergarten gebaut werde. Ihren Worten zufolge hatte niemand den Plan in Auge gefasst, dort einen solchen Wintergarten zu errichten. Es stände lediglich ein sogenanntes „grünes Dach“ in Arbeit, für dessen Zwecke keine schweren Materialien wie Sand verwendet wurden, sondern ein spezielles entlastendes Substrat.
Bürgermeister Uschakow kam während einer Livesendung des Kanals LNT detailierter auf dieses Thema zu sprechen. Seinen Informationen zufolge wurde das Material für die Begrünung des Daches auf einer Stelle zwischen den Trägerkonstruktionen platziert und nicht darauf.
Genauso betonte er, dass die sogenannten „grünen Dächer“ keine Erfindung lettischer Architekten sei. „In vielen Städten der Welt gibt es Schwimmbäder oder Hubschrauberlandeplätze auf den Gebäudedächern. Fraglich, ob Sicherheitsregeln dabei bestehen bleiben“, fügte er hinzu.
Um die Worte von Lettlands Präsidenten Andris Berzins aufzugreifen, sei es zu einer „unbegreiflichen Tragödie“ in Riga gekommen, berichtete die lettische Agentur Mix News.
Donnerstagabend trat er aufgrund dessen mit speziellen Ansprachen in die Öffentlichkeit; bedankte sich für die Unterstützung aller deren, die bei der Beseitigung der Auswirkungen des Unglücks geholfen hatten und versicherte, dass die Regierung „in ständigem Kontakt mit den dafür Verantwortlichen stehe“.
Katastrophe
Wir erinnern uns, am Donnerstagabend stürzte im Einkaufszentrum Maxima, auf der Straße Priedaines Haus 20, das Dach ein. Nach den anfänglichen Rettungsarbeiten ereignete sich ein zweiter Einsturz, dieses Mal traf es einen Teil der Wände.
Den Angaben lettischer Medien zufolge beträgt die Gesamtfläche des Einsturzgebietes 500 Quadratmeter. In der Nähe parkende Autos wurden von Materialbrocken überschüttet. Das einstürzende Dach versperrte Besuchern des Geschäfts den Ausgang und sie mussten andere Fluchtwege finden.
Es sind 500 Menschen an den Rettungsarbeiten vor Ort beteiligt: Rettungssanitäter, Polizisten, das Militär, Kynologen mit Hunden, Freiwillige und Ärzte – es standen 24 Rettungswagen an der Unglücksstelle zur Verfügung. Bei der Beseitigung der Trümmer sind auch Spezialfahrzeuge involviert.
Das Einkaufszentrum Maxima im Bezirk Zolitude wurde 2011 eröffnet und als eines der drei besten Architekturarbeiten Lettlands betitelt.
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