In den letzten Jahrzehnten hat, bedingt durch die ständig ansteigende Lebenserwartung sowie die rückläufige Geburtenrate, eine deutliche Änderung der Altersstruktur der Bevölkerungen in den westlichen Industrieländern stattgefunden. Dieser Trend soll sich auch in Zukunft weiter fortsetzen. Dennoch ist die Altersdelinquenz bisher – im Gegensatz zur vieldiskutierten Jungendkriminalität – ein vernachlässigtes Forschungsgebiet in der Kriminologie. In Anbetracht der sich abzeichnenden demographischen Veränderungen ist es jedoch erforderlich, den Blick auch auf die älteren Straftäter zu richten und sie mehr ins gesellschaftliche und wissenschaftliche Interesse zu rücken.

Die sogenannte Gentlemen-Räuber bei einem Banküberfall. Nach 15 Jahren andauernden Raubzüge in Südwesten Deutschlands und etwa 2 Mio Euro Beute starb 40-jährige Mann 2010 bei gelungenen Bankraub in Karlsruhe auf der Flucht durch eine Polizeikugel, seine 38-jährige Frau wurde ebenfalls getroffen und schoss sich schließlich selbst in den Mund. Eine Polizistin wurde schwer am Bein verletzt; eine Kugel der Räuber verfehlt knapp eine Arterie. Das Paar reiste zu den Überfällen auf deutsche Kreditinstituten aus Tschechien an.
7. Berliner Sicherheitsgespräche
Am Montag, 14. Januar finden in Berlin Sicherheitsgespräche statt, wo über neue Felder der organisierten Kriminalität: Ältere Menschen im Fadenkreuz der Kriminellen, gesprochen wird. Wie das Bund der Deutscher Kriminalbeamten (BDK) mitteilt, werden die veränderten Lebensumstände vieler älterer MitbürgerInnen von Kriminellen rücksichtslos für ihre Tatbegehungen ausgenutzt. Senioren werden aber nicht nur Opfer von Gewalttaten, sondern zunehmend auch von Trickbetrügereien. Der so genannte “Enkeltrick” sei hierfür ein Paradebeispiel. Unter Vortäuschung einer Verwandtschaftsbeziehung und einer finanziellen Notlage erbeuten Rechtswidrige vielfach beträchtliche Summen.
Die Täter wissen, dass ältere Opfer aus Scham sehr oft Straftaten überhaupt nicht anzeigen. Das Entdeckungsrisiko für die Täter ist zudem relativ gering. Bei den Tätern handelt es sich nicht um Gelegenheitstäter, sondern vermehrt um gezielt und organisiert handelnde Täter.
Prävention muss deshalb in diesem Bereich durch die zielgerichtete Einschränkung von Tatgelegenheiten und Tatmöglichkeiten erfolgen, so die Polizei. Auf der Tagung in Berlin wird unter anderem die Frage „Sind die Problematiken – gerade bei den politisch Verantwortlichen – überhaupt annähernd bekannt?“ durchdiskutiert.
Ältere Menschen werden aber nicht nur vermehrt Opfer, sie werden zukünftig mehr und mehr auch Täter. Für Jugendliche gibt es ein Jugendstrafrecht, das auf die altersbedingten Umstände Rücksicht nimmt. Brauchen wir auch ein Altenstrafrecht? Auch diese und viele andere Fragestellungen gilt es nach den fachlichen Einführungen in der Podiumsdiskussion zu erörtern.
Westfalenpost: Polizei und Gesellschaft sollen sich auf Seniorenkriminalität einstellen
Zur Seniorenkriminalität schreibt Westfalenpost: Natürlich ist das eine Binsenweisheit: Der demografische Wandel geht an den Übeltätern dieser Welt nicht spurlos vorbei. Wir alle werden älter, also auch die Kriminellen und ihre Opfer. Darauf sollte sich die Polizei einstellen – so wie die gesamte Gesellschaft.
Selbstverständlich müssen Polizisten und Strafvollzugsbehörden diesem Wandel Rechnung tragen. Die Forderung, den Umgang mit Älteren in die Ausbildung der Ordnungshüter einzubauen, ist also nachvollziehbar. Man fragt sich, warum das nicht schon längst gelebte Realität ist. Insbesondere bei hochbetagten Opfern müssen Polizisten nicht nur sehr sensibel, sondern mit großer Gelassenheit und Geduld vorgehen. Zunehmender Zeitdruck und steigende Belastung im Dienst können aber durch eine bessere Ausbildung allein nicht kompensiert werden.
Warum sich die Gewerkschaft allerdings auch um ergraute Straftäter sorgt, die “hilflos oder emotional angegriffen” erscheinen, erschließt sich nicht. Haben diese Kriminellen doch meist in vollem Bewusstsein gegen das Gesetz verstoßen, um sich zu bereichern. Sie zu schonen, ist nicht angebracht. Die Täter verdienen eine menschenwürdige, ihrem Alter entsprechende Behandlung. So wie die Angehörigen aller Altersgruppen.
Foto: Polizei
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