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ZDF – „ML Mona Lisa“ weiter auf Erfolgskurs

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ML-Mona Lisa Moderatoren Barbara Hahlweg und Alexander Mazza

ML-Mona Lisa Moderatoren Barbara Hahlweg und
Alexander Mazza

Von Tauno M. Lang, München

Immer wenn Not am Mann ist, dann kommt die Frau! – und was für eine Frau gekommen ist. Das Medien-Urgestein Josef Göhlen hat 1988 Maria von Welser vom Bayerischen Rundfunk zum zweiten öffentlich-rechtliche Fernsehkanal ZDF für das erste Frauenmagazin auf der Mattscheibe als Redaktionsleiterin und Moderatorin angelockt. Das sog. gemeinsame Kind sollte sichtbar aufhorchen lassen und sich als „ML Mona Lisa“ einen Namen in der bundesrepublikanischen Fernsehlandschaft machen. Anfangs wurden zum adretten outfit der Frontfrau eher weiche Themen wie Mode oder Küchentipps bis hin zu Kosmetikdingen am Sonntagabend präsentiert.

Dabei konnte es allerdings nicht bleiben, denn Europa war durch den Fall des Eisernen Vorhangs im Aufbruch (so hat in Estland die „Singende Revolution“ ihren Anfang genommen) und das konnte an der engagierten Redaktionstruppe nicht spurlos vorübergehen. Provokative Themen jeglicher Couleur und Schattierung haben seit den Anfangsjahren immer mehr an Fahrt gewonnen: Gewalt in der Ehe, Frauenmorde im Namen der Ehre, Frauenselbstverständnis in Ostdeutschland, Debatten zum Abtreibungsrecht oder als es vonnöten war, skandalöse Praktiken der Heimerziehung und den Kindesmissbrauch in Kirche, Staat und Familie aufzudecken.

ML hat sich auch nicht gescheut, auf Frauenschicksale im Ausland zu blicken und berichtete beispielsweise über das Leid von Russlanddeutschen in der ehemaligen Sowjetunion, das grausame Beschneidungsritual und Verstümmelungen in Afrika, Witwenverbrennungen in Indien, Massenvergewaltigungen im Jugoslawienkrieg und, und…

Aufsehen erregte 2004 die Dokumentation „Die verschwundenen Babys von Charkow“ über den europaweiten Handel mit Neugeborenen aus der Ukraine. Nach der Sendung wurden diese Vorkommnisse sogar im Europäischen Parlament und Europarat verhandelt und daraufhin eigens eine Untersuchungskommission entsandt. Damit ist Sibylle Bassler, von Anbeginn im Redaktionsboot und heute ML-Chefin, für ihr mutiges und couragiertes Engagement in den Fokus des ukrainischen Geheimdienstes geraten. Diese und andere Erfahrungen haben das ML-Team für die gemeinsame Sache jedoch nicht abschrecken können, sondern nur noch stärker zusammengeschweißt.

An der ML-Erfolgsgeschichte in den vergangenen Jahren 25 Jahren waren auch Conny Hermann, Barbara Dickmann, Petra Gerster, Sibylle Nicolai, Marina Ruperti, Karen Webb, Susanne Kronzucker und einige mehr bis heute wesentlich beteiligt. Dieser investigative Journalismus ist nicht unentdeckt geblieben, denn er hat durch die vielen Preise und Nominierungen bereits seine breite Anerkennung gefunden.

Kernthema unserer Gesellschaft ist aber nach wie vor die vielfach verhinderte Vereinbarkeit von Beruf und Familie, selbst da hat sich ML mittlerweile emanzipiert. Mit dem Neustart im Mai 2011 unter dem Titel „ML Mona Lisa – Frauen, Männer & mehr“ vom wegweisenden Frauenmagazin nun zum gesellschaftspolitischen Magazin wurde auch der neue Sendplatz am Samstag um 18 Uhr eingerichtet und so ist es mit leicht revolutionären Touch nicht ausgeblieben, Ausschau nach einem kompetenten Moderatoren-Mann mit medientauglicher Ausstrahlung zu halten. Seit Anfang 2012 moderiert Alexander Mazza als „neues Gesicht“ neben Barbara Hahlweg die Sendung, weil Frauenthemen auch Männerthemen sind und umgekehrt: Mann und Frau in unterschiedlichen Rollen und Lebensphasen, Auswirkungen der Globalisierung auf das Zusammenleben, Erfahrungen und Wendepunkte und dabei stets mit dem Anspruch verknüpft, dass Kopf auf Gefühl trifft.

Die verglaste Sky Lounge als Moderationsort über den Dächern von München weitet den Blick und lässt erst gar keine sterile Studioatmosphäre aufkommen. Dahin hatte der ZDF-Chefredakteur Dr. Peter Frey und das ML-Team auch die Stadtprominenz aus Politik, Funk, Film und Fernsehen zum Empfang geladen, um das Jubiläum mit einer launigen Talkrunde, kabarettistischen Einsprengseln und bei einem guten Glas face-to-face gebührend zu feiern.

Leonardo’s berühmte Mona Lisa gilt ja als geheimnisvolle Frau, hinter der mehr steckt, als das Lächeln vermuten lässt. Dieses „Mehr“ wünscht man sich als Zuschauer zukünftig verstärkt wahrzunehmen, denn wir leben heute im international angehauchten Medienzeitalter in einer vernetzten Informations- und Kommunikationsgesellschaft. ML als traditionsreiche Sendung im ZDF könnte allein mit dem angesammelten know-how über den sog. „Geschlechterkampf“ durch Reportage und Berichterstattung die Emanzipation der Frauen in Osteuropa weiter voranbringen. Selbst im Baltikum, historisch eher westeuropäisch geprägt, sind die 50 Jahre Sowjetzeit in der Frauenfrage noch nicht überwunden, weil sich die mentalen Hinterlassenschaften mit Hartnäckigkeit zu halten versuchen. Dass Macho-Dinos noch immer fröhliche Urständ feiern, hat Kreml-Chef Wladimir Putin jüngst beim Messe-Rundgang in Hannover in der vergangenen Woche augenscheinlich zu erkennen gegeben, als er auf die entblößende Frauendemonstration mit einem Grinsen, wie sein Busenfreund Silvio Berlusconi, reagiert hat.

Das ML-Team wird auch weiterhin bei politischen Entscheidungen, die negative gesellschaftliche Auswirkungen nach sich ziehen, den Finger in die Wunde legen, weil sich die Macher die Maxime auf die Fahne geschrieben haben: „Der Mensch ist Mittelpunkt! und nicht der Mensch ist Mittel – Punkt“ Also im besten Sinne sperrig, aufrüttelnd, ermunternd, zur Zivilcourage anstacheln und nicht stromlinienförmig sein oder gar werden. Deshalb eisern an Geschehnissen und Menschen weiterhin dranbleiben, vor allem aber an Power-Frauen. Weniger vom Schlage einer Maggie Thatcher, da dieser insbesondere in ihrer Zeit als Premierministerin und „Eisernen Lady“ das Fingerspitzengefühl in die Ellenbogen gerutscht sein dürfte, denn sie hat mit ihren rigorosen Deregulierungsmaßnahmen dem nachfolgenden Casino-Kapitalismus Tor und Tür geöffnet. Mit den daraus resultierenden Auswüchsen wird sich die ökonomisierte europäische Gesellschaft und vor allem die Sozialpolitik weiterhin auf nicht absehbare Zeit herumschlagen müssen. Als Britin hat sie Europa, in Abgrenzung zu den Kontinental-Europäern, anders verstanden und dieser Widerspruch ist kennzeichnend in seiner Tragweite bis heute. Mehr wäre für alle gewonnen, wenn politische Frauenpersönlichkeiten, wie seinerzeit Hanna-Renate Laurien oder Regine Hildebrandt, gegenwärtig das (Macht-)Wort ungeglättet mit Vehemenz und unüberhörbar ergreifen würden.

Wenn es zutrifft, dass Fernsehmedien Macht haben, dann sollte das ZDF mit „ML Mona Lisa“ das auch weiterhin zum Guten tun – warum dann nicht mit dem Zweiten besser sehen und nach der 1000. Sendung zusehends die Einschaltquote steigern.

Info:
Jedes Jahr werden von der ZDF-Redaktion „ML mona lisa“ in Kooperation mit dem Kosmetik-Hersteller Clarins engagierte Frauen mit dem „Prix Courage“ ausgezeichnet, die sich besonders für Kinder und Jugendliche einsetzen. Als erste Preisträgerin wurde 2004 die Schauspielerin Jutta Speidel für ihr mutiges Projekt „Horizonte e.V.“ ausgezeichnet, denn mit dieser Initiative entstand ein Haus für obdachlose Kinder und ihre Mütter.

Foto: © ZDF/Jens Hartmann

Weitere Informationen: http://monalisa.zdf.de/

 

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