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Die Schönen des Baltikums: Tallinn – Die Ungeduldige | Doku

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Was für eine Stadt! Tallinn ist eine, die alles auf einmal will: die nicht abwarten kann.

Das Verblüffende ist, dass ihr fast alles zu gelingen scheint. Sie ist klein und groß auf einmal, hypermodern und traditionell, sie ist randvoll mit Geschichte und gleichzeitig strotzt sie vor Dynamik und Ehrgeiz.

Estlands Hauptstadt Tallinn ist vielleicht die Stadt im Osten Europas, die sich am schnellsten selbst gefunden hat.

ZDF-Korrespondent Armin Coerper und sein Team haben sich faszinieren lassen von einer außergewöhnlichen Stadt und ihren Menschen.

Jaagub sieht aus wie ein typischer Tallinner: Er ist groß, blond und wirkt auf den ersten Blick sehr brav. Doch der 25-Jährige ist das, was man ein Party Animal nennt. Mit seinen Freunden veranstaltet er Partys, die manchmal erst um 5 Uhr früh beginnen. Das ZDF-Team begleitet ihn bei der Organisation der Party des Jahres. An einem geheimen Ort, irgendwo am Strand wahrscheinlich, so munkelt man, will Jaagub Tallinns Jugend zum Kochen bringen. “Die After Hour Parties”, das sind Veranstaltungen, die erst frühmorgens beginnen, wenn die Clubs schon schließen, “die haben wir in Tallinn erfunden” sagt Jaagub stolz. Mittlerweile ist das ein Trend von Berlin bis New York.

Mit fünf Freunden hat Jaagub auf einem alten Fabrikgelände das Restaurant “F-hoone” aufgemacht, innerhalb weniger Wochen war das ein In-Place, ein Treffpunkt des hippen Tallinn. Das Konzept: Die Top-Köche der Stadt kochen hier zu absolut erschwinglichen Preisen. Das funktioniert, weil immer nur sehr wenige ausgewählte Gerichte auf der Karte stehen. Und so hat Jaagub schon wieder einen neuen Trend kreiert.

Vor 20 Jahren hat Tallinn sich aus den Fängen der Sowjetunion befreit, die “singende Revolution” hat Geschichte geschrieben: Mit ihren Liedern lehnten sich die Esten gegen die russischen Besatzer auf, sie sangen die geheime Nationalhymne. Bis heute ist Tallinn eine Stadt voller Musik, in den Gassen der Altstadt, in den Hinterhöfen, aber ganz besonders beim Jugendsängerfest, das alle zwei Jahre stattfindet.

Elina Kask ist 20 Jahre alt und aufgeregt: Sie wird beim Sängerfest auf der großen Bühne stehen, vor tausenden Zuschauern. Sie singt die Geschichte ihres Landes, in traditioneller Tracht in einem traditionellen estnischen Chor. Elinas Eltern sind stolz auf ihre Tochter, ein Kind der Revolution, weil sie im Jahr der Befreiung geboren ist. In diesem Jahr werden die Revolution und ihre Tochter 20 Jahre alt, und Elina singt, so wie ganz Tallinn damals sang.

Die Revolution hat auch Verlierer hervorgebracht. Fast die Hälfte der Bewohner Tallinns ist russischstämmig, ihre Familien wurden zu Sowjetzeiten hier angesiedelt. Viele von ihnen haben graue Pässe, das heißt sie sind als Bewohner Estlands keine russischen Staatsbürger, aber auch keine estnischen, weil sie den Einbürgerungstest mit estnischer Sprachprüfung nicht bestehen können. Ihr Leben findet oft abseits der schillernden Metropole statt, viele leben in Lasnamäe, einer Plattenbausiedlung. Einer von ihnen ist Vassiliij Maryschev. “Das Ende der Sowjetunion war das Schlimmste, was der Menschheit passieren konnte”, sagt er: “Das Leben war vorher viel besser.”

Vasiliijs Sohn Boris sieht das anders. Er lebt in einem Spannungsfeld zwischen dem russischen Erbe und dem modernen Estland. Er ist 27 Jahre alt und arbeitet bei Skype, dem Aushängeschild des estnischen Wirtschaftswunders. Skype ist ein Internetdienst, mit dem man kostenlos auf der ganzen Welt telefonieren und auch via Webkamera kommunizieren kann. Skype wurde in Estland erfunden. Noch immer ist das Entwicklungszentrum in Tallinn. Das ZDF besucht Boris an seinem Arbeitsplatz und zeigt das Herzstück der Innovation made in Tallinn.

Tallinn ist eine Stadt voller Optimismus, eine Stadt, die von ihrer Jugend geprägt wurde wie kaum eine andere. Der Deutschen Christina Jörg geht das manchmal sogar ein bisschen zu weit. Sie baut Kläranlagen in Tallinn, und als sie ihr Unternehmen gründete, sah sie sich bei der Bank Gesprächspartnern gegenüber, die gerade den Kinderschuhen entwachsen waren. “Da fragt mich einer, der gerade mal 20 ist, nach meinem Business-Plan”, sagt sie kopfschüttelnd. Doch Christina kann darüber wegsehen. Für sie strahlt Tallinn Beständigkeit aus, die Stadt hat schon so viel erlebt und so vielem standgehalten.

Wenn Christina auf die Altstadt blickt, auf die Mauern der alten Hansestadt Reval, die seit dem Mittelalter maßgeblich vom Deutschorden und seinen Nachfahren geprägt wurde, dann fühlt Christina in all der Quirligkeit, dem schnellen Tempo in den engen Gassen und dem Ehrgeiz dieser Stadt auch eine tiefe Ruhe.

Die Baltische Rundschau | Online-Redaktion
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