Estland: Nato-Manöver – Russische Invasion ohne Russen
Nato-Manöver
MeinungEstlandMilitär

Estland: Nato-Manöver – Russische Invasion ohne Russen

1

An der estnisch-lettischen Grenze hat die diesjährige Nato-Übung „Siil“ stattgefunden.

Mit mehreren tausend Soldaten und schwerem Gerät sollte vor allem der Häuserkampf geübt werden. Angenommener Feind natürlich Russland. Ärgerlich nur, dass der Russe so gar keine Lust auf Angriffe zu haben scheint. Entsprechend lustlos wirkte die Szenerie.

Wie allgemein bekannt, ist es nur eine Frage der Zeit, bis der Russe wieder an die Tore der freien Welt donnert. Aber weil selbst die verbissenste anti-russische Propaganda alleine nicht ausreicht, um den normalen Durchschnittsbürger das Fürchten zu lehren und so richtig in Kriegsstimmung zu bringen, ist es unbedingt notwendig, Panzer und Soldaten in voller Kampfmontur durch kleine estnische Städte, wie Valga rollen und laufen zu lassen.

Dass solche Manöver, keine 100 Kilometer von der russischen Grenze entfernt, dort eventuell als Bedrohung wahrgenommen werden könnten, kommt in Nato-Planspielen natürlich nicht vor.

Sorgen Russlands, wegen eines Heranrückens westlicher Militärmacht an seine Grenzen, sind selbstredend paranoid.

Andererseits, auch die Bewohner von Valga wirkten etwas irritiert über die militärischen Aktivitäten in ihrer Stadt, die mehr an Pfadfinderspiele für Erwachsene, denn an ernsthafte militärische Manöver erinnern. Der Linienverkehr der städtischen Busse findet jedenfalls auch trotz russischer Invasion pünktlich statt. Das ist beruhigend.

Ganz allgemein scheint die Verteidigung der westlichen Freiheit mehr aus Liegen im Gras zu bestehen. Mancher Soldat scheint daran zu zweifeln, ob der Russe überhaupt Anstalten macht, anzugreifen, man weiß ja, wie unzuverlässig der ist.

Die Planer bei der Nato sollten gegen allzu viel Müßiggang bei ernsthaft gemeinten Manövern einschreiten. Am Ende könnten die Soldaten noch das denken, was der sowjetische Dichter Jewgeni Jewtuschenko schon 1961 die Weltöffentlichkeit fragte: “Meinst du die Russen wollen Krieg?”


von Andreas Peter

Die Baltische Rundschau | Online-Redaktion
Die einzige, unabhängige und alternative Zeitung aus dem Baltikum – für die Welt! Die BALTISCHE RUNDSCHAU ONLINE ist mit ihrer Vollredaktion die erste deutschsprachige Tageszeitung im Baltikum und Nordeuropa, die nur im Internet erscheint. NEU! Liebe Freunde und Abonnenten, eine weitere Informationsmöglichkeit ist unser Kanal auf dem Messenger-Dienst Telegram. Klicken Sie einfach den Link TELEGRAM-KANAL "DIE BALTISCHE RUNDSCHAU" und registrieren Sie sich. Auf unserem TELEGRAM-KANAL sind immer wieder aktuelle Informationen, Bilder und Videos zu finden. Dieser kostenlose Messengerdienst ist auch ohne Smartphone einfach auf dem PC oder Laptop nutzbar. Bitte nutzen Sie auch diese Kommunikationsmöglichkeit, bewerten Sie die einzelnen Artikel positiv und es würde uns sehr freuen, wenn sie fleißig die Kommentar-Möglichkeiten nutzen würden.

Vier Tage in Tallinn – Reisebericht eines Reisenden aus dem Bayerischen Wald

Previous article

Treffen des Beauftragten für Aussiedlerfragen mit Stiftungsvertretern

Next article

You may also like

1 Comment

  1. Ein komisches (wenn nicht gar verrücktes) Szenario: Eine russische Invasion nicht nur ohne einen einzigen Russen, sondern auch AUS DEM WESTEN, von Lettland nach Estland, über die Westgrenze zu Lettland, was bedeutet, dass die Russen zuerst ihre westlichen Nachbarn erobert haben müssen, während die Esten (und die NATO) sich zurücklehnten und zusahen. Die Russen nennen es “durch das Arschloch”.
    Die russische Invasion, wenn überhaupt, wird wahrscheinlich aus dem Osten kommen, nach massiven zivilen Unruhen im Nordosten Estlands, dicht von den ethnischen Russen (den verachtenswerten Tibla) besiedelt. Aber dort Krieg zu spielen, wird wahrscheinlich nur der Auslöser für Tiblas zivile Proteste sein.
    So viel zur cleveren NATO-Strategie.

    Taktisch waren die Manöver genauso dumm. Das Viererpack in Tarnung mit Bundeswehrabzeichen an den Ärmeln im Bild oben bettelt nur um die Aufmerksamkeit des Granatwerfers (ebenso wie die Panzer auf den Straßen). Wäre ich Russe, wäre ich sicher versucht, eine Granate zu investieren und vier stolze Kerben am Gewehrschaft zu schneiden. 🙂

Comments are closed.

More in Meinung