Minderjährige Selfmade-Millionäre: Wie russische Teenager Geschäfte machen
Lettland

Minderjährige Selfmade-Millionäre: Wie russische Teenager Geschäfte machen

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Nach der russischen Gesetzeslage dürfen sich Minderjährige ab 14 Jahre als selbstständige Unternehmer registrieren lassen. Bis zu ihrer Volljährigkeit (18 Jahre) dürfen allerdings sämtliche Deals ausschließlich mit einer schriftlichen Erlaubnis der Eltern geschlossen werden. Eine Ausnahme gibt es dabei für Jugendliche ab 16: Falls das Gericht sie für geschäftsfähig erklärt oder sie verheiratet sind, ist die Erlaubnis der Eltern nicht notwendig.

In Russland sowie in der ganzen Welt gibt es viele begabte und ambitiöse Jugendliche, nicht alle aber können ihre Träume verwirklichen. Vier Teenager aus Russland erzählen, wie sie sich selbst, ihren Eltern und der Gesellschaft bewiesen haben, dass man trotz jungen Alters erreichen kann, was man sich fest vornimmt.

Timur Kusmin, 15 Jahre, St. Petersburg

„2013, als ich elf Jahre alt war, haben mich meine Eltern in eine Mittelschule in Miami geschickt, wo meine ältere Schwester gewohnt hat“, zitiert die russische Zeitung RBK den Teenager.

Die Schwester habe dort ihr eigenes Unternehmen zum Verkauf und der Reparatur von automatischen Kaffeemaschinen. Die meisten davon stammten vom deutschen Unternehmen WMF, erläuterte Timur gegenüber Sputnik.


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Foto: Foto von Timur Kusmin

Timur Kusmin

Eines Tages sei ihm die Idee gekommen, eine Kaffeemaschine mit einem Spielautomaten zu verbinden. Man rechne mit einer Tasse Kaffee, aber plötzlich tauche auf einem Bildschirm „Shit happens! Mehr Glück nächstes Mal“ auf. Die ersten „Opfer der neuen Software“ seien Mechaniker aus der Werkstatt zur Reparatur der Kaffeemaschinen gewesen, in der der Junge viel Zeit verbracht habe: Sie hätten viel gelacht. Was anfangs ein Scherz sein sollte, entwickelte sich schnell zu etwas Größerem.

Im Endeffekt „habe ich eine Service-Software entwickelt, die heute als Aggregator für Werbeaktionen bezeichnet und die für die Erhöhung von Impulskäufen in Kaffeeshops eingesetzt wird“, so der Jugendliche weiter. Die damalige Software sei unter der Marke Team Vortex registriert worden. Mit den Verkäufen soll sich die Schwester des Jungen beschäftigt haben. Der erfolgreichste Deal fand laut RBK im Jahre 2016 statt und brachte dem Geschwisterpaar 730.000 US-Dollar ein. „Mein Teil des Gewinns betrug 316.000 US-Dollar“, erzählte Timur stolz.

In demselben Jahr holten ihn seine Eltern zurück nach Russland und sagten, dass er sich mit seinem Geschäft erst nach der Schule und den Kampfsportstunden beschäftigen dürfe. „Wenn deine Energie ausreicht und du alle Hausaufgaben erledigt hast, kannst du dich mit dem Business sogar bis Mitternacht beschäftigen“, sollen sie gesagt haben.

Später soll der Junge seinen Trainern ein Geschäft angeboten haben – das Projekt Vortex Sport entstand. Die Idee dahinter: bei Bewerben herausfinden, wer stärker ist – Sambokämpfer oder Bodybuilder, CrossFit-Meister oder Armwrestler? Gegenüber Sputnik erzählte er, dass am jüngsten Wettbewerb vom 2. Dezember sogar ein Sportler aus Spanien teilgenommen habe. Zum nächsten sollen auch Athleten aus Kanada, Deutschland und Lettland kommen. Damit werde das Projekt international, „so wie ich es mir von Anfang an vorgestellt habe“.


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Foto: Foto von Timur Kusmin

Vortex Sport

„Ich bedanke mich bei meiner Schwester. Ohne sie hätte ich niemandem etwas verkauft“, so Timur abschließend.

Wiktor Ljwow, 17 Jahre, Moskau

„Meister-Fußboden“, „Meister-Wände“, „Ewiges Dach“: So lauten die Namen seiner Firmen für Renovierungsarbeiten. Dank ihrer Mechanisierung der primären Verkleidung sollen die Reparaturarbeiten nur bis zu drei Wochen dauern.

„Begonnen habe ich als Vermittler“, erzählte Wiktor gegenüber RBK. „Ich bekam Aufträge, suchte nach Brigaden und übergab ihnen diese Aufträge für Prozente: 15 Prozent im Fall eines Auftrags bis 100.000 Rubel (rund 1400 Euro) und zehn Prozent bei größeren Aufträgen.“ Er habe bereits einen Geschäftspartner, einen technischen Direktor, der die Brigaden betreue.


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Foto: Foto von Wiktor Ljwow

Wiktor Ljwow

„Das Baugeschäft habe ich gewählt, um darin hervorragende Leistungen zu erreichen“, sagte Wiktor gegenüber Sputnik.

Das Schwierigste beim Start seiner Tätigkeit war ihm zufolge, mit Kunden telefonisch zu kommunizieren. Mit 13-14 Jahren sei er im Stimmbruch gewesen und habe sich deshalb am Telefon als „Sekträtin Anna“ vorgestellt. Kaum jemand habe den 13-Jährigen von einer Sekretärin unterscheiden können.

Seine Firmen sind außerdem ziemlich erfolgreich: Im August 2017 betrug ihm zufolge der Umsatz knapp 1,2 Millionen Rubel (mehr als 17.000 Euro).

„Ich will in den nächsten zehn Jahren die Bauholding an die Spitze des russischen Markts bringen“, sagte Wiktor gegenüber Sputnik. „Das globale Ziel ist es, um mich herum einen Ressourcen-Bund aus mehreren Tausend Menschen zu vereinigen… und komplizierte Bauprojekte auf internationalem Niveau zu realisieren.“

„Es liegt noch jede Menge interessante Arbeit vor mir. Es gibt noch viel zu lernen und viele Hürden zu überwinden. Neben dem ständigen Schlafmangel wünsche ich mir sehr, mich weiterzuentwickeln“. Seine Eltern würden seine Geschäftsideen unterstützen. „Ich bekomme auch Ratschläge von meiner Mutter über die Steueroptimierung, weil sie Buchhalterin ist“, sagte er der Agentur abschließend.

Anastassija Russu, 17 Jahre, Kirow

„Seit ich 14 Jahre alt bin, nehme ich ständig etwas Neues in Angriff. Zunächst verteilte ich Flugblätter, klebte sie an Zäune und Haltestellen. Nach drei Monaten habe ich verstanden, dass das nichts für mich ist“, sagte die jetzt 17-Jährige gegenüber RBK. So sei sie auf die Idee gekommen, ihren Mitschülern diesen Job anzubieten. Für den Erhalt der Arbeit sollten sie ihr zehn bis 20 Prozent ihres Einkommens zahlen – insgesamt etwa 10.000 Rubel (rund 140 Euro) pro Monat. Später habe Anastassija auch gebrauchte iPhones verkauft und monatlich 15.000 Rubel (ca. 210 Euro) eingenommen. Schließich habe sie aber auch damit aufgehört.


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Foto: Foto von Anastassija Russu

Anastassija Russu

Vor sieben Monaten startete die junge Frau dann ein ernsthaftes Projekt: Torten auf Bestellung. Sie soll 10.000 Rubel investiert und innerhalb des ersten Monats schon 20.000 Rubel Gewinn gemacht haben.

„Ich kann und mag keine Torten backen“, räumte Anastassija ein.

„Ich weiß aber, wie ich das Projekt realisieren kann, ich weiß, wo ein Konditor sowie Aufträge zu finden sind. Den ersten Kunden habe ich zehn Tage nach dem Start (des Projekts – Anm. d. Red.) gefunden.“

Allein im Juni soll die Jugendliche 130.000 Rubel (rund 1800 Euro) verdient haben. Vor Kurzem sei sie nach Moskau gezogen und habe 700.000 Rubel (10.000 Euro) von privaten Investoren für den Start des Verkaufs von Torten auf Bestellung bekommen. Gegen Jahresende rechnet Anastassija eigenen Angaben zufolge mit einem Gewinn von 1,3 Millionen Rubel (18.500 Euro).

Alleine arbeite die junge Frau aber nicht: Ihr Team bestehe aus vier Verkäufern, zwei Konditoren, einem Spezialisten für die Kontextwerbung und einem SMM-Manager (Social Media Marketing), einem Entwicklungsdirektor und einer Geschäftsführerin. Zudem betreibe sie einen Blog im russischen sozialen Netzwerk „VKontakte“, in dem sie über ihre Erfahrungen im Unternehmertum schreibe und dem über 5000 Menschen folgen.

Timur Kurbangalin, 15 Jahre, Aljmetjewsk

„Alles hat vor einem Jahr begonnen, als in Aljmetjewsk (Stadt in der russischen Republik Tatarstan – Anm. d. Red.) das Projekt,Gib fünfʻ initiiert wurde, in dessen Rahmen Schülern IT-Technologien beigebracht wurden“, zitiert RBK den Jungen.

Dabei habe er gelernt, wie eigene Projekte entwickelt sowie im Internet gefördert werden und Geld bringen können. „Das begeisterte mich und ich habe begonnen, mich intensiv mit dem Programmieren zu beschäftigen.“ Gegenüber Sputnik erläuterte Timur, dass er der einzige in seiner Familie sei, der sich für den IT-Bereich interessiere.

 
Timur begann nach seinen Worten Telegram-Bots bzw. –kanäle zu entwickeln, die er später lokalen Unternehmern präsentierte. Die Entwicklung nehme durchschnittlich eine Woche in Anspruch. Schon bald bekam der Jugendliche die ersten Aufträge. Während seine Familie ihn sehr unterstützt, können viele Mitschüler sein Geschäft jedoch nicht verstehen oder seine Motivation nachvollziehen. Auch einige seiner Lehrer würden negativ auf sein Unternehmertum reagieren und sich manchmal sogar neidisch benehmen. „Nur der Schuldirektor unterstützt mich“, sagte der 15-Jährige.

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